EINLEITUNG
Scrum-Teammitglieder können „schwierig“ sein. Es gibt manchmal welche die nörgeln, welche die generell denken alles besser zu wissen, welche die meinen „Scrum ist wieder so ein Modewort. Welche neue Sau wird denn da wieder durchs Dorf getrieben?“, welche die bewusst nicht im Team arbeiten wollen, welche die einfach gar nichts machen und so weiter…
Natürlich wird in agilen Frameworks wie Scrum empfohlen das Problem auf den Tisch zu packen („Transparenz“) und mit Hilfe der Gruppe gemeinsam einen Lösungsweg zu finden („Selbstorganisation“, „Reflektion“, „Commitment“, „Mut“).
Jedoch kann dies auch nach hinten losgehen, die Person baut eine starke Abwehr auf, was das Konfliktpotenzial noch mehr erhöht („Druck erzeigt Gegendruck“), oder fühlt sich im Extremfall sogar gemobbt.
Natürlich, eine reflektierte, offene, reife Person sollte kein Problem haben, mit Unterstützung des Teams, Lösungswege zu vereinbaren. Aber wenn das angesprochene Teammitglied solche Werte hätte wie gerade erwähnt, würde sie kein Quengler, Querulant oder ähnliches sein.
SCHLAU MACHEN
Bevor wir die Konfliktsituation gleich ins Team geben, sollten wir uns vorher ein Bild verschaffen, WARUM unsere Kollegin oder unser Kollege so agieren. Durch diese Erkenntnis können wir herausfinden, was es braucht, damit das Teammitglied sich freiwillig ändert, sofern das Verhalten schlecht für das Team und die Teamergebnisse ist. Denn: Nicht jeder Konflikt oder jede „Störung“ muss auch gelöst werden.
WERTEARBEIT
Ich bediene mich zur „Motivforschung“ gerne der Wertearbeit.
Jeder Mensch wird von nur einigen wenigen Werten angetrieben. Tun wir etwas bei dem wir uns richtig wohl fühlen, bedienen wir unsere inneren Werte, fühlen uns gut dabei und schöpfen Kraft und Energie daraus. Viele Menschen betreiben Hobbys um Ihre Werte zu bedienen, weil diese in Ihrem Job oft zu kurz kommen.
Tun wir etwas bei dem wir „so ein komisches Bauchgefühl“ haben oder uns richtig unwohl fühlen, dann arbeiten wir gegen unsere inneren Werte. Wir fühlen uns unwohl und verlieren Energie.
Jeder Mensch hat eine ganz eigenen Kombination innerer Werte die Ihn antreiben, sozusagen die inneren Richtungsgeber. Und da jeder Mensch ein individuelles Wertesystem hat, kollidieren diese oft miteinander.
Wenn wir also Kollegen haben die sich dauern querstellen, tun die dies, weil sie das in diesem Moment gut finden. Sie bedienen in dem Moment einen oder mehrere Ihrer Werte. Das dies aber dann dummerweise den Werten anderer zu wieder läuft, passiert oft. Und somit haben wir viel Stoff für Konflikte.
Leider sind uns unsere Werte in der Regel oft nicht bewusst, oder wir denken sie zu kennen, jedoch kennen wir nur einen Überbegriff davon und nicht die tatsächlichen Werte.
Wenn wir diese Werte nun kennen lernen, verstehen wir plötzlich auch warum wir in vielen Situationen so sind wie wir sind und haben damit das Potenzial uns eigenverantwortlich und bewusst weiterentwickeln zu können.
Also hilft es ungemein, die Werte der Person, die als „schwierig“ gilt, zu kennen, um zu sehen, warum sie so handelt wie sie handelt. Wir können keine Menschen dauerhaft ändern, das muss von der Person selber gewollt sein. Um dies jedoch zu unterstützen, haben wir, mit der Kenntnis ihrer Werte, die Möglichkeit aufzuzeigen, wie auch ein geändertes Verhalten diese Werte bedienen könnte. Und was sich gut anfühlt, wird eben gerne getan – also der erste Schritt zur Änderung.
PRAXIS
Um nun die personenbezogenen Werte herauszufinden, gibt es einige Möglichkeiten. Eine der effektivsten ist (neben Beobachtung und Gesprächen, also dem „Tagesgeschäft des Scrum Masters“) das Tool „Moving Motivators“ einzusetzen.
Hiermit können wir sehen welche (Motivations)Werte die Person hat und ob diese durch die aktuelle Situation bedient oder unterdrückt werden. Aus dem Ergebnis können dann gemeinsam Maßnahmen in Richtung Änderung abgeleitet werden.
Natürlich gibt es auch die Möglichkeit durch echte Wertearbeit (Systemisches Wertecoaching) in einer Kurzzeittherapiesitzung die Werte herauszuarbeiten. Dafür nutze ich gerne meine Wertetabelle als Grundlage.
Außerdem: Die Werte einer Person zu kennen, zum Beispiel des Vorgesetzten oder eines Entscheidungsträgers, hilft ungemein weiter im Berufsalltag. Wenn wir ein Vorhaben oder bestimmte Ziele so verpacken, dass die Werte dieser Person bedient werden, können wir dadurch in der Regel mit Ihrer Unterstützung rechnen.
FAZIT
Ein guter Scrum Master kennt die Werte jedes einzelnen seiner Teammitglieder. Dies ist natürlich mit viel Arbeit verbunden, aber genau so etwas macht einen guten Scrum Master aus. Einfach nur das Framework zu kennen ist nicht genug, um ein Team effektiv zu unterstützen und es langfristiger zu „high performance“ und Zufriedenheit im Beruf zu führen.
SCHLUSSWORT
Natürlich sind „Moving Motivators“ und die „Wertearbeit“ nur ein kleiner Teil von Lösungsansätzen im Umgang mit „schwierigen“ Teammitgliedern. Wer mehr darüber erfahren möchte, dem empfehlen ich mein in Kürze erscheinendes Buch „Scrum Master 2.0(R) – The Next Level“.
(c) 2021 AML